Clubgeschichte

Gründung

  Als am 7. Dezember 1957 aus der Sektion Motorsport der Betriebsgemeinschaft „Motor“ mit dem Trägerbetrieb VEB Maschinen- und Mühlenbau Wittenberg der Motorsportclub Lutherstadt Wittenberg gegründet wurde, war dies der Beginn des Motorsports nach dem 2. Weltkrieg in unserer Heimatstadt.

45 Jahre Motorsportclub Lutherstadt Wittenberg e.V. im ADMV

  Am 31.Oktober 1948 fand das 1. Wittenberger Rundstreckenrennen für Motorräder (Solo- und Beiwagenmaschinen) statt. Start und Ziel befanden sich am Markt, jedes Rennen bestand aus 8 Runden des Innenstadtringes Collegienstr. – Fleischerstr. – Mauerstr. -Juristenstr. -Coswigerstr. -Schloßstr. Von den Spitzenfahrern wurden Rundendurchschnittsgeschwindigkeiten von über 100 Km/h erzielt! Zum zweiten und letzten Rennen am 31. Juli 1949 auf dem gleichen Kurs hatte sich die Teilnehmerzahl bereits verdoppelt und das sowie die Begeisterung der Zuschauer war schon damals riesengroß. In den folgenden Jahren waren es immer wieder Wittenberger Motorsportler, die bei Straßen- und Sandbahnrennen, bei Geländesportveranstaltungen und Automobilwettbewerden für Begeisterung sorgten.

Beginnend im Jahre 1957 wurden überall Motorsportclubs im Allgemeinen Deutschen Motorsportverband gebildet. Der am 07.12.1957 im Hotel „Goldener Adler“ gegründete Wittenberger Motorsportclub war der dritte Club im ADMV.

Zu diesem Zeitpunkt wurden Moto-Cross-Veranstaltungen im Volkspark und später auf dem Fuchsberg an der B 2 durchgeführt. In den folgenden Jahren reiften diese Veranstaltungen bis zur Leistungsstufe der DDR Meisterschaft heran. Tausende Zuschauer begeisterten sich am Können der Solo- und Seitenwagenspezialisten. Der dreifache Weltmeister der Jahre 1966 bis 1958 in der 500 ccm Klasse Paul Friedrichs gehörte zu den Stammgästen auf dem Fuchsberg.

Ebenfalls im Jahre 1957 wurde in Halle das erste Geschicklichkeitsturnier der DDR für Motorräder und Automobile durch die Zeitschrift „Der Deutsche Straßenverkehr“ durchgeführt. Zwei Sportfreunde unseres Clubs holten dort die ersten Trophäen und leiteten eine Entwicklung ein, die in den folgenden Jahren viele unserer Sportfreunde zu Meisterehren und internationalen Erfolgen führte.

In der Folge waren die an verschiedenen Punkten der Innenstadt veranstalteten K-Wagen-Rennen über viele Jahre von großer Anziehungskraft.

Bei allen Motorsportveranstaltungen verstanden es die Verantwortlichen immer wieder hervorragende Motorsportler aus dem In- und Ausland nach Wittenberg zu verpflichten.

Wie ein roter Faden zieht sich durch die Geschichte des Motorsportclubs-Wittenberg die Durchführung und Ausübung des Rallyesports. Der erste Versuch startete bereits im Mai 1856 mit einer Stern- und Orientierungsfahrt. Nach einer Zielfahrt zum Startort Wittenberg mussten die Teilnehmer nach eigenen Karten 10 Kontrollpunkte anfahren. Eine spektakuläre Prüfung wurde die Auffahrt an der Rodelbahn zum Aussichtsturm Bad Schmiedeberg. Durch vorangegangenes schlechtes Wetter musste mit Hilfe von „Schiebekommandos“ in Anspruch genommen werden.

Diese gelungene Fahrt ermutigte die Veranstalter am 9. und 10. März 1957 die 1.Rallye Lutherstadt Wittenberg zu starten, die zu einem großen organisatorischen Erfolg bei 84 Wagen aus Gesamtdeutschland wurde. Eine Zuverlässigkeitsfahrt von 500 km führte durch den Harz, über den Kyffhäuser und durch die Dübener Heide.

Die Anerkennung der Wittenberger Rallye wird im Mitteilungsblatt des ADAC Gau Berlin vom April 1957 deutlich, in dem zu lesen war: „Magna cum laude – mit großem Lobe mussten wir die Veranstalter der Rallye Lutherstadt Wittenberg, die Herren Karow, Hedt, und Rost und ihren rührigen Mitarbeiterstab danken für die Planung, Durchführung und reibungslosen Ablauf die gelungenen Konkurrenz. Es ist erstaunlich und bewundernswert, dass ein kleiner „Provinzclub“, die „BSG-Motor“ zu Wittenberg ohne besondere Rennleitungserfahrung und ohne geschulten Funktionärsstab, erfahrenen Veranstaltern (oder solchen, die sich dafür halten) es einmal gezeigt hat……“

Mit jeder der folgenden Rallyes bewiesen die Wittenberger Organisatoren ihre Lernfähigkeit, sich wechselnden Verhältnissen anzupassen und stets Veranstaltungen in hoher Qualität und fairem Sport zu gewährleisten. Dies galt in der Vergangenheit und gilt noch heute. Das drückt sich nicht zuletzt in den ständig großen Teilnehmerzahlen aus, die selten unter 100 Fahrzeugen je Wettbewerb lagen.

Mit einer Unterbrechung in den Jahren 1963 bis 1968 wird jährlich die Rallye Lutherstadt Wittenberg (ab 1993 ADMV-PNEUMANT-RALLYE) durchgeführt, bis 1990 als Lauf zur DDR Meisterschaft und ab 1991 zur Int. Deutschen Rallye-Meisterschaft und zusätzlich ab 1998 zur Europa-Rallye-Meisterschaft.

In den Anfangsjahren hatten die Rallyes vorwiegend einen Orientierungscharakter. Nach der Absolvierung einer Sternfahrt von den verschiedenen Startorten nach Wittenberg durchfuhren alle Teilnehmer eine Rallyestrecke, deren Verlauf ihnen erst kurz vor dem Start bekannte gegeben wurde. Die Fahrtrouten mussten mit Hilfe der Ortsangaben des Streckenplanes aus dem Kartenmaterial bestimmt werden.

Weiterhin mussten die Fahrzeiten aus vorgegebenen Durchschnittsgeschwindigkeiten und Entfernungsangaben errechnet werden. Der Beifahrer verdiente sich mit Recht den Namen „Franzer“, und seine Leistung war nicht weniger entscheidend als das Können des Fahrers und der technische Zustand des Wettbewerbfahrzeuges. Alle gestellten Aufgaben wurden durch geheime Kontrollen des Veranstalters überwacht.

Nur für die am Ende der Zuverlässigkeitsfahrt punktgleich gebliebenen Teilnehmer fiel die Entscheidung auf solchen Sonderprüfungen wie Slalom, Brems- und Beschleunigungsprüfungen.

Erst ab 1973 wurde aus dem „Franzer“ mit Karten, Uhr und Rechentabelle der Co-Pilot, der seinen Fahrer mit Hilfe des Bordbuches und anderer vorher angefertigter Aufzeichnungen fehlerfrei über den Kurs zu bringen hat. Große Anforderungen werden an das Können der Piloten auf den abgesperrten Strecken gestellt, wenn sie die Grenzen Ihres Leistungsvermögens bei den Geschwindigkeitsprüfungen erreichen.

Vieles hat sich in den Jahren geändert, waren es in der Anfangszeit die Minuten an den unbekannten Zeitkontrollen, die über Sieg und Niederlage entschieden, so sind es heute die Zehntelsekunden am Ziel der Sprints über Straßen, Wald- und Feldwegen unterschiedlicher Beschaffenheit. Die Anzahl dieser Wertungsprüfungen nahm im Laufe der Jahre kontinuierlich zu. Waren es bei der Veranstaltung im Jahre 1969 nur zwei derartige Prüfungen, stieg deren Anzahl bereits 1970 auf sechs, 1962 auf zwölf, 1990 auf 15 und in diesem Jahr auf 21.

Ein Publikumsmagnet in früheren Jahren war am Beginn jeder Wittenberger Rallye der Riesenslalom, der meistens in der Lutherstraße über eine Länge von 500 m stattfand. Die Schikanen aus massiven Reifen bewirkten bei vielen Teilnehmern keine „Freude“, sie absolvierten lieber Slaloms mit Verkehrsleitkegeln, wie bei andern Veranstaltern üblich. Ab 1986 konnte der sportliche Wert und die Zuschauerattraktivität durch die Erweiterung auf „Rund um den Schwanenteich“ gesteigert werden. Fünf Runden mussten von jedem Teilnehmer absolviert werden. 1990 fand dieser Riesenslalom letztmalig statt. Seitdem ist der Rundkurs in Rade der Publikumsrenner jeder Veranstaltung.

Zu erwähnen ist noch, dass die Rallye Lutherstadt Wittenberg bis 1989 schon ein gewisses „internationales Flair“ besaß. 15 Jahre lang nahmen regelmassig Motorsportler des ASK Stavby Praha teil, die sich auch mehrmals als Klassensieger gut platzierten.

Neben dieser jährlich „großen“ Rallye wurden vom Club in jeder Saison mindestens eine Rallye zur Nachwuchsförderung im Rahmen der regionalen Meisterschaft organisiert.

Viele Sportfreunde werden sich noch an die KfZ-Veteranen-Rallyes erinnern. Insgesamt wurden sechs derartige Veranstaltungen organisiert und zwar in den Jahren 1971, 1975, 1977, 1979, 1983 und 1988, die jeweils Wertungsläufe zur DDR- Meisterschaft waren. Der sportliche Ehrgeiz war vielfach nicht Hauptmotiv der Teilnahme sondern die Freude am Fahren mit den Oldtimern bei einer möglichst großen Zuschauerkulisse und das Zusammensein mit Gleichgesinnten. Dies war natürlich auch bei der Organisation zu berücksichtigen. Die Teilnahme von 100 bis 120 Fahrzeugen (Motorräder und Automobile) außer bei der ersten Veranstaltung zeigt, dass diese Anforderungen erfüllt wurden.

Es waren immer Zweitageveranstaltungen. Am ersten Tag fand eine Zuverlässigkeitsfahrt über 50 bis 60 km mit Sonderprüfungen und einer „Zwangspause“ (mittags) an einer Ausflugsgaststätte statt. Sonderprüfungen waren z.B. Spurbrettprüfung, Bremsprüfung und die Bergprüfung. Letztere Prüfung fand am „Berg“ vor dem „Gesundbrunnen“ in Reinsdorf statt, wo das Anhalten und Wiederanfahren ohne Zurückrollen verlangt wurde. Eine Abendveranstaltung (Oldtimer-Ball) beendete den ersten Tag. Am zweiten Tag fand ein Corso durch die Innenstadt und anschließende Ausstellung auf dem Schlosshof statt. Die Zuschauerkulisse bei diesen Veranstaltungen waren jedes Mal enorm, bekam man doch fahrende Oldtimer zu sehen, die man sonst nur noch in Büchern und Museen findet. Das älteste Fahrzeug am Start in Wittenberg im Jahre 1975 war ein Automobil MAF F5 mit 1200 ccm und 12 PS, Baujahr 1908.

Mit Stolz können wir auf 45 Jahre Clubgeschichte zurückblicken, verbunden mit der Hoffnung, dass auch zukünftig in Wittenberg gute Motorsportveranstaltungen stattfinden werden.

-Dietrich Rost, Dieter Sinow-